Mit dem Kanu durch das Wasserstraßenkreuz

 

 

Oft wird von lohnenden Kanu-Touren im Land der „Tausend Seen der Mecklenburgischen Seenplatte“ oder durch das „Biosphärenreservat Spreewald“ in der Presse berichtet. Doch warum so weit reisen, sagten sich die Freizeitkanuten des Kanu-Klubs Börde Magdeburg (Sachsen-Anhalt), wenn es vor der eigenen Haustür sehr schöne Möglichkeiten von Kanu-Touren gibt. Neben der Bode, Saale, Elbe, Ohre, dem Mittelland- und Elbe-Havel-Kanal, gibt es ein besonderes Wasserbauwerk in unmittelbarer Nähe der Stadt Magdeburg bei Hohenwarte, welches für Kanuten ein nicht befahrbarer Abschnitt darstellt. Nach der „Erstbefahrung“ im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung der Schleuse Hohenwarthe im Oktober 2003, wurde der Gedanke vom damaligen Vereinsvorsitzenden Bernd Haberland geboren, warum nicht jährlich eine Befahrung mit Kanus durch das Wasserstraßenkreuz zu organisieren. Seit der ersten Testfahrt im Jahr 2004 hält der Tourenleiter Nobert Rupp mit seinem Organisationsteam alle Fäden in der Hand. In den ersten Jahren konnte nur eine Ost-West Befahrung des Wasserstraßenkreuzes durchgeführt werden. Seit der Wiedereröffnung des Schiffshebelwerkes Rothensee im Jahr 2013 ist eine Befahrung von West-Ost Richtung möglich. So entstand die Tradition zur organisierte „Trogbrückenfahrt“ vom Kanu-Klub Börde Magdeburg zum Kanu Sportclub Rogätz.

Ende August 2021 war es wieder soweit. Aus den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Sachsen, Thüringen und Berlin reisten 45 Kanuten zum Bootshaus des Kanu-Klubs Börde Magdeburg an der alten Elbe an.

Mit den ersten Sonnenstrahlen wurden die 36 Einer und Zweier Kanus in die Alte Elbe eingesetzt. Bis kurz vor der Rotehornspitze, der südlichsten Spitze der Elbinsel Magdeburg, ging es gemütlich. Noch schnell das ein oder andere Gruppenfoto mit den Handys eingefangen, bis sich alle Boote versammelt haben. Dann begann die gemeinsame imposante Ausfahrt aller Boote auf die Elbe. Es ging unter dem technischen Denkmal „Hubbrücke“ hindurch, dann vorbei am Magdeburger Dom mit dem Domfelsen, der Johanniskirche, dem Wissenschaftshafen sowie unter der „Herrenkrug-Eisenbahnbrücke“ und der geschwungene „Herrenkrug-Fußgängerbrücke“ hindurch. Nach dem wir die „Elbe-Markierung km 333“ passiert haben, erfolgte die Weiterfahrt in den Magdeburger Industriehafen mit der Niedrigwasserschleuse (erste Schleuse) und dem Abstiegskanal Rothensee, weiter in das Schiffshebewerk Rothensee (zweite Schleuse), rechter Hand in den Mittellandkanal hinein. Kurz danach eröffnete sich für uns Kanuten der Blick auf die 918m lange Trogbrücke. Damit ist die Trogbrücke die weltweit längste Kanalbrücke und die größte Stahlkonstruktion Europas.

Kein Schiff war weit und breit sichtbar, nur 36 kleine Kanus. Am Anfang wurde noch emsig miteinander gesprochen, je länger wir auf der Trogbrücke fuhren, um so leiser wurde es. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und zog die Augenblicke, wie ein Schwamm auf. Erst ging es über die Elbwiesen, dann über die Elbe. Wie oft hat man schon sein Kanu in die Elbe eingesetzt und nun fährt man über die Elbe. Es sind Augenblicke der Gefühle, die man nicht beschreiben kann. Es ist einfach nur Wahnsinn. Doch das größte Abenteuer die Befahrung der Schleuse Hohenwarthe (dritte Schleuse) stand uns noch bevor. Vor der Schleuse warteten wir, wie jedes Schiff, bis sich das Schleusentor geöffnet hat und wir grünes Licht zur Einfahrt erhielten. Dann ging es in die Schleusenkammer hinein. Schnell und ruhig ordneten sich alle Kanus links bzw. rechts an der Schleusenwand entlang. Es dauerte nicht lange und das Ablassen des Wassers aus der Schleusenkammer begann. Das Niveau des Wasserstandes des Elbe-Havel-Kanals liegt ca. 18,5 m tiefer, als der Wasserstand des Mittellandkanals. Wenn man annimmt, das eine Geschosshöhe eines Gebäudes ca. 3 m hoch ist, dann wurden wir mehr als ca. 6-Geschosshöhen an einem Gebäude hinuntergelassen. Eine Gebäudefläche wird in der Regel durch Fenster oder Türen unterbrochen, jedoch in einer Schleusenkammer gibt es nur große schwarze Wände. Je tiefer der Wasserstand in der Schleuse wurde, um so beeindruckender wurde das Gefühl mit einem kleinen Kanu in einer so großen Schleusenanlage unterwegs zu sein. Man musste schon sehr weit den Kopf in den Nacken legen, wenn man noch den blauen Himmel am Horizont sehen wollte. Dann öffnete sich das Hubtor der Schleuse und kurze Zeit danach wurde die Ausfahrt freigeben. Mit der Durchfahrt des Schleusentors verließen wir, die letzte erlebte Enge der Schleusenkammer und ein neues Gefühl der Weite der Natur strömte auf einen ein.

Die Fahrt auf dem Elbe-Havel-Kanal dauerte nicht lange und schon ging es linker Hand in den Niegripper Verbindungskanal hinein. Ehe wir uns versahen, wartete wir vor der vierten Schleuse, der Niegripper Schleuse, auf die letzte Schleusung unserer Tour. Durch den weiteren Verlauf des Niegripper Verbindungskanal gelangten wir zurück in die Elbe und damit zurück in die Strömung. Wir paddelten am Ort Heinrichsberg und an der Flussmündung Ohre vorbei, ehe die Hinweistafeln die Fähre Rogätz ankündigten. Nach ca. 35 km auf der Alten Elbe, der Elbe, dem Wasserstraßenkreuz und wieder auf der Elbe erreichten wir das Ziel das Bootshaus vom Kanu Sportclub Rogätz in unmittelbarer Nähe der Fähre von Rogätz. Mit vielen schönen Bildern von der Tour im Kopf wurden die Kanus auf die bereitstehenden Bootshänger verladen und es ging mit Fahrzeugen zurück zum Ausgangspunkt zum Bootshaus an der Alten Elbe in Magdeburg. Beim gemeinsamen Grillen wurde bis weit in die Nacht hinein noch über Kanu-Touren und neuen Plänen gesprochen.

Am 20. August 2022 ist eine weitere Traditionstour „Trogbrückenfahrt“ geplant. Der Kanu-Klub Börde Magdeburg lädt dazu interessierte Kanuten ein. An dieser Stelle muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass diese Tour durch anspruchsvolle Schleusenanlagen geht und eine sichere Beherrschung des Kanus sowie das Tragen einer Schwimmweste Voraussetzung sind.

Ines Wehrmann
Verantwortliche für Presse-/Öffentlichkeitsarbeit